Minolta XG-M

   
Hersteller Minolta
Kameratyp SLR (einäugige Spiegelreflexkamera)
Filmtyp 35mm Kleinbildfilm
Objektiv SR-Bajonett Wechselobjektivsystem
Belichtungszeiten 1 bis 1/1000s + B
Fokussierung manuell
Filmtransport manuell, automatisch mit Winder
Selbstauslöser Elektronisch mit LED
Blitz Mittenkontakt-Blitzschuh
Batterie 2x 1,5V Knopfzellen V357 (identisch mit V76PX, PX76A, LR44, SR44, SG13, AG13)
Baujahr ab 1981
Hergestellt in Japan

Besonderheiten

Zeitautomatik
Touch-Switch
Optionaler Winder
Kompaktes, leichtes Gehäuse

 

Die Minolta XG-M ist für mich der Inbegriff einer klassischen, analogen Spiegelreflexkamera.

Die XG-M wird nahezu vollständig manuell bedient - Scharfstellung, Blendenwahl, ISO-Einstellung und Filmtransport erfolgen von Hand. Die einzige Automatik, ist die Zeitautomatik. Für die Bildgestaltung wählt der Fotograf die passende Blende, das mühselige Wählen der passenden Belichtungszeit übernimmt die Kamera. Selbstverständlich hat man die Möglichkeit die Belichtungszeit auch weiterhin manuell einzustellen.

Eine manuelle Belichtungskorrektur kann in halben EV-Schritten am ISO-Rad eingestellt werden. Dieses ist durch einen Entriegelungsknopf gegen versehentliches Verdrehen gesichert. Es können Filme von 25 bis 1600 ISO verwendet werden, dank der manuellen Belichtungskorrektur effektiv sogar noch 2 EV mehr in beide Richtungen.

Der Filmtransport kann mit dem Auto Winder G (2 Bilder pro Sekunde) automatisiert werden. Der Motor Drive 1 beschleunigt den Filmtransport sogar auf Aufsehen erregende 3,5 Bilder pro Sekunde! Beides sind optional erhältliche Komponenten.

Egal ob mit oder ohne Winder, die Kamera lässt sich traumhaft bedienen. Die Einstellräder sind gut erreichbar, die Mechanik arbeitet sehr präzise und der Sucher ist eine echte Augenweide.

Der Sucher gehört zu den allerbesten seiner Klasse und wird lediglich durch die X-500, X-700 und einige neue XD-Modelle mit Accu Matte Einstellscheibe übertroffen! Er ist sehr hell - dank eines großdimensionierten Glasprismas und der patentierten "Acute-Matte" Einstellscheibe. Der Vergrößerungsfaktor von 0.9x ergibt ein sehr großes Bild. Es werden 95% des aufgenommenen Bildes gezeigt. Die Technik der "Acute-Matte" Einstellscheibe wurde sogar später von Hasselblad übernommen. Das System erlaubt den Austausch der Mattscheibe, es gibt spezielle Ausführungen mit unterschiedlichen Markierungen für Architektur, Mikroskopie, Vermessungstechnik, usw. Zusammen mit lichtstarken Objektiven macht das manuelle Fokussieren Spaß und lädt förmlich dazu ein, sich intensiver mit der Bildkomposition zu beschäftigen.

Der Sucher ist nicht vergleichbar mit den kleinen Gucklöchern günstiger moderner DSLR Kameras mit Spiegelprismen. Diese sind, bedingt durch das APS-C Format, nicht nur halb so groß, sondern verfügen darüberhinaus über Vergrößerungsfaktoren von nur 0.85x oder 0.75x, damit man zusammen mit lichtschwachen Kit-Objektiven überhaupt noch was erkennen kann.

 

Die Objektive für das Minolta SR-Bajonett waren nicht ganz günstig. Auf dem Objektivkarton meines Minolta MD 2.8/24mm klebt noch das original Preisschild "Sonderpreis 399,- DM". Viel Geld, bedenkt man den Wert des Geldes vor 30 Jahren.

Auf der anderen Seite muss man den Objektiven zu Gute halten, dass diese unheimlich robust gebaut sind und, sachgemäßen Umgang vorausgesetzt, immer noch wie am ersten Tag laufen. Mir vorliegende Exemplare sind immer noch mit der Original-Schmierung ausgestattet, die Fokussierung läuft leicht, die Blendenringe rasten sauber ein. Die Gläser sind glasklar und ohne Staubeinschluß. Bei vielen Drittherstellern habe ich schon, trotz vorbildlicher Lagerung und Verwendung, viele altersbedingte Ausfälle erlebt.

Eine Besonderheit stellt das hier abgebildete Minolta MD 1.4/50 dar: es ist bis heute das Schärfste von allen meinen Objektiven!

Dies ist der unübertroffenen Präzision, Qualitätssicherung und Verwendung hochwertiger Materialien der 80er Jahre zu verdanken.
Mehrere meiner Kameras und Objektive aus den 90er Jahren sehen dagegen im wahrsten Sinne des Wortes "ganz schön alt aus".

Das Kameragehäuse erweckt ebenfalls einen soliden Eindruck, nichts knarzt und nichts wackelt. Es verfügt über einen robusten Metallkern, die Abdeckungen sind teilweise aus Kunststoff mit metallisierter Oberfläche. Dank dieser Kombination verfügt die Kamera über ein gutes Gewicht - nicht zu leicht und nicht zu schwer. Das Gehäuse ist, verglichen mit Praktica und Zenit, sehr kompakt geraten - wie man es von japanischen Konstrukteuren gewohnt ist.

Bei seltener Verwendung der Kamera wurde häufig vergessen, welcher Filmtyp, -länge, -empfindlichkeit und -marke, eingelegt war. Hier hilft ein simpler, aber ungemein praktischer Helfer: auf der Gehäuserückwand befindet sich ein fest installierter, quadratischer Halter. Hier wurde einfach die vom Umkarton der Filmdose abgerissene Filmbezeichnung eingesteckt - schon hatte man alle erforderlichen Daten parat.

 

Der Belichtungsmesser wird über den patentierten Touch-Knopf aktiviert. Der Knopf muss nicht zur Hälfte heruntergedrückt, sondern lediglich leicht berührt werden. Die gemessene Belichtungszeit (mittenbetonte TTL-Messung) wird im Sucher durch rote LEDs angezeigt.

Für den Betrieb sind 2 Batterien notwendig: Knopfzelle V 76 PX Silber-Oxyd 1,5V (auch als V357, PX76A, LR44, SR44, SG13 und AG13 bezeichnet). Es ist eine der gebräuchlichsten Knopfzellen, somit muss man sich in der Zukunft keine Sorgen um die Verfügbarkeit machen. Alkaline-Batterien können ebenfalls eingesetzt werden, vor diesen wird allerdings abgeraten - sie liefern keine konstante Spannung und können die Meßwerte verfälschen.

Der Verschluss wird zwar manuell gespannt, aber elektromagnetisch ausgelöst. Somit konnte auch der Selbstauslöser elektronisch realisiert werden. Dieser hat eine Vorlaufzeit von 10 Sekunden und ein LED-Blinklicht. Das LED-Blinklicht ist gleichzeitig ein versteckter Batterietester: drückt man im ausgeschalteten Zustand den Entriegelungsknopf für Belichtungszeiten, leuchtet bei ausreichend starker Batterie die LED des Selbstauslösers!

Am Kameragurt gibt es ein kleines Gimmick: dort ist ein Fach für Ersatzbatterien. Da diese bei normaler Verwendung mehrere Jahre halten, ist dies nur eine übervorsichtige Maßnahme.

Der Tuchschlitzverschluss der XG-M erlaubt eine Blitzsynchronisationszeit von max. 1/60s. Die Kamera verfügt noch nicht über die TTL-Bblitzbelichtungsmessung, lediglich die Blitzbereitschaft wird im Sucher angezeigt. Es sollten Blitzgeräte mit eigener Automatik verwendet werden.

 

Eines der wenigen Verschleißteile sind die verbauten Lichtdichtungen. Diese dichten die Filmklappe ab und verhindern ungewünschten Lichteinfall auf den eingelegten Film. Die Originalteile halten sehr lange und beginnen erst nach ca. 20 Jahren sich aufzulösen und zu kleben. Wobei sich die Frage stellt, ob man bei Teilen, die 20 Jahre lang halten, überhaupt von „Verschleißteilen“ sprechen kann. :-)

Die Erneuerung sollte durch einen Fachmann erfolgen. Sind entsprechende Kenntnisse, viel handwerkliches Geschick und passendes Werkzeug vorhanden, kann man diese auch selbst ersetzen. Wichtig ist, hochwertigen Ersatz zu verwenden. Auf keinen Fall sollte Moosgummi, Schaumstoff oder ähnlich minderwertiges Material verwendet werden und auf gar keinen Fall sollte dieses mit Flüssigkleber in die Ritzen reingedrückt werden! Die Reinigungs- und Reparaturkosten für ein derart verunstaltetes Kameragehäuse übersteigen meistens den Zeitwert.

Lichtdichtungen müssen 0,1-mm-genau zugeschnitten und mit speziellem, zweiseitigen Klebeband eingeklebt werden. Es sind hochwertige und haltbare Materialien (Neopren) zu verwenden. Ich habe sehr gute Erfahrungen mit den von Hr.Viktor Hälke (www.kameradoktor.de) gelieferten Lichtdichtungen gemacht. Diese werden passgenau für das jeweilige Kameramodell zugeschnitten und mit einer Einbauanleitung versehen.

So wird die Kamera auch die nächsten 20 Jahre Freude bereiten.

 

 

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